Hilfstransporte

Reisebericht vom 17. großen Hilfsgütertransport der initiative für medizinisch-technische Hilfe e.V. IceFlower

Impressionen und Texte von einer humanitären Reise durch ehemalige Ostblockstaaten von Reinhard Pilarski im April 2002.

Nach 2-wöchiger Fahrt durch 8 Länder, sind wir Lübecker IceFlower Mitglieder am 18.4.2002 um 21.45 Uhr, glücklich und gesund bei unseren Familien wieder angekommen.

Das Ziel war die Hafenstadt Odessa in der Ukraine

 

Abfahrt in Lübeck am 5. April ca. 10.00 UHR. Wir kamen gut voran. Abends übernachteten wir vor den Toren der Stadt Prag. Am nächsten Tag fuhren wir durch die Slowakei . Am Fuße der Hohen Tatra übernachteten wir am Samstag. Wir mussten feststellen, dass der Winter in dieser Region noch mit - 8 Grad und Schnee vorhanden war. Wir fuhren weiter in Richtung Ukraine.

 

Die Einreise erfolgte ohne große Probleme. Nach ca. 2 Stunden Grenzaufenthalt konnten wir die Fahrt fortsetzen. Schlechtes Wetter mit Nebel und Schneeregen begleitet uns. Es ging alles sehr langsam. Die Straßenverhältnisse ließen schnelles Fahren nicht zu.
Wir übernachteten nochmals ca. 60 km vor L`VIV (Lemberg).
Am nächsten Tag lagen noch ca. 800 km bis Odessa vor uns.

 

Am späten Montag Abend hatten wir Odessa erreicht. Wir waren erschöpft und trotzdem froh unser Ziel erreicht zu haben. Das Mönchskloster vom Heiligen Pantelejmon In ODESSA ist die 1. Abladestation am 9. April.

 

Wegen laufender Renovierungsarbeiten an der ukrainisch orthodoxen Kirche und in den Nebenräumen, sowie der kirchlichen Osterzeit, mussten wir diesmal den gesamten LKW in einer Zoll-Lagerhalle entladen. Der Klostervorsteher, Pater Arkadji, versicherte uns, dass er sehr gute Verbindungen zur Zollinspektion hat. Es gab deshalb für uns keinerlei Bedenken, die wertvolle Fracht hier abzuladen. Lebensmittelkonserven, Kleidung, Rollstühle, Gasthermen und Gasherde, Elektroherde, Nähmaschinen, Computer, Büro bzw. Konferenzmöbel und vieles mehr wurde abgeladen. Ca. 250 Wichtelpakete, gepackt von vielen Kindern aus Lübeck und Umgebung, wurden ebenfalls ausgeladen.
Wegen der kirchlichen Fastenzeit, wurden wir diesmal nicht in der Klosterrunde zum Essen eingeladen. Hierfür hatten wir volles Verständnis. Pater Arkadji improvisierte jedoch ein Essen in seinen "privaten" Räumlichkeiten im Kloster. Hier hatten wir Gelegenheit viel über die Arbeit im Kloster zu erfahren.

 

Die österliche Fastenzeit in der orthodoxen Kirche dauert noch bis zum 5. Mai. Nach Ablauf dieser Zeit, werden alle Hilfsgüter ins Kloster gefahren, sortiert und verteilt. Hierüber wird ein Fotobericht erstellt, den Ice Flower nachträglich erhält.

Zusammen mit Pater Arkadij besuchten wir ebenfalls zwei Krankenhäuser in Odessa, die wir bisher noch nicht kannten. Hier hatte unser Mitglied Dr. Reiner Santelmann Gelegenheit sich über die arbeitsweise der ukrainischen Ärzte zu informieren. Es wurden viele Dinge mit den "Kollegen" besprochen. Ebenso haben wir auf den einzelnen Stationen viele Fotos machen können, die das Elend und den Bedarf in den Krankenhäusern zeigen.

 

Am 10. April Entladung des 2. Lkws.
Eigentlich war dieser LKW komplett für Moldawien bestimmt. Leider wurden die zu erfüllenden Auflagen des Komitees aus der Hauptstadt Chisinau, noch zwei Tage vor unserer Abfahrt, so umfangreich, dass wir uns kurzerhand entschlossen diesen LKW ebenfalls nach Odessa zu fahren. Organisatorisch war dies mit vielen Telefonaten, Faxen und e-mails verbunden. Eigentlich muss der Empfänger die Ladeliste ca. 8 Wochen vor der Ankunft vorliegen haben und durch eine Kommission in Kiew genehmigen lassen. Durch unsere guten Verbindungen, konnten wir die Formalitäten innerhalb von 24 Stunden abwickeln, sodass wir auch pünktlich aus Lübeck abfahren konnten. Empfänger des 2. Lkws war ebenfalls eine Kirchengemeinde.

 

Hier wurden alle Dinge, auch die medizinisch-technischen Geräte abgeladen. Wir besuchten das Gebietskrankenhaus BOLNIZA. Dieses Krankenhaus wurde als Empfänger für die med. technischen Hilfsgüter bestimmt. Wir hatten auch hier Gelegenheit die verschiedensten Abteilungen zu besichtigen und mit den Schwestern und Ärzten zu sprechen. Einige Tage später, nach der Freigabe aus Kiew, wurden die Geräte und sonstigen med. Dinge verteilt. Dann begann die Rückreise ohne Lkws.

Wir mussten auf dem Weg nach Moldawien, die autonome Republik Transnistrien durchfahren. Bei der Durchquerung hatten wir ein ungutes Gefühl. Viel Militär und Polizei kontrolliert das Land. Panzer unter Tarnnetzen versteckt, sowie Soldaten mit Maschinengewehre kontrollieren die Hauptverkehrswege. Mehrfach mussten wir an Straßensperren anhalten. Bei einer der Kontrollen musste Dr. Santelmann seinen Kofferraum ( Geländewagen) öffnen. In einer der mitgeführten Lebensmittelkisten entdeckte der Polizist ein Messer. Für uns ein ganz normaler Besitz - in diesem Land galt es jedoch als mitgeführte Waffe, da die Klingelänger als 10 cm war.
Der Polizist drohte mit Gefängnis und mit einer Geldstrafe.
Das Gericht sei aber erst am nächsten Tage zu bemühen.
Nach zweistündigem Gespräch einigte man sich auf eine Geldstrafe.
Endlich konnten wir weiter nach Moldawien.

In Chisinau trafen wir den Sohn von Timofej. Timofej ist moldawischer Fahrer von einem unserer LKWs. Hier waren wir Gäste in der Familie von Timofejs Sohn Pavel. Durch diese Gastfreundschaft bedankte er sich bei IceFlower für die seit Jahren gute Zusammenarbeit Nach einer gemütlichen Gesprächsrunde und einem vorzüglichen Essen übernachteten wir im Hause dieser Familie und fuhren am nächsten Morgen, nach reichhaltigem Frühstück, weiter Richtung Rumänien. Pavel war unser Begleiter bis zur Grenze und war uns sehr behilflich bei den Formalitäten. Nach ca. 2 Stunden fuhren wir nach Rumänien ein. Hier fanden wir am späten Abend ein Quartier. Am nächsten Morgen ging es weiter durch Siebenbürgen nach Ungarn und weiter in die Slowakei. In Kosice übernachteten wir und fuhren am nächsten Morgen weiter in Richtung Polen. Wir besichtigen das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz. Über Krakow ging es dann auf direktem Wege nach Lübeck.
Am Berliner Ring trennten wir uns von unserem Freund Michael, der weiter nach Hannover fuhr.

Mit zwei Geländewagen erreichten wir dann Lübeck um ca. 21.45 UHR.

 

Unsere "Mission" 2002 war beendet.

Fazit von Dr. Santelmann nach dem Besuch von etwa 4 Krankenhäusern:
Der Transport von Hilfsgütern in Krankenhäuser der Ukraine ist weiterhin notwendig und sinnvoll. Die finanzielle Ausstattung der Häuser des öffentlichen Gesundheitssystems ist völlig unzureichend und zwingt zur finanziellen Mitbeteiligung der Patienten. Da es keine Krankenversicherung gibt, wird es selbst für den Mittelstand im Krankheitsfalle schnell schwierig, notwendige Behandlungen zu bezahlen.
Die Armen erhalten nur die allereinfachste und billigste Behandlung und Medikation. Oft zögern sie Behandlungen so lange wie möglich hinaus und kommen dann zu spät zur Therapie!
Generell fehlt es in der Basisversorgung an Betten, Matratzen, Bettwäsche, Decken, Personalbekleidung, oder teilweise einfachem Zimmermobiliar wie Tische, Schränke u. Nachtschränke. Verbrauchsmaterialien wie Verbandsstoffe, Infusionskanülen, Kathetern, Tuben, Einmalhandschuhen, Dialysefiltern, EKG-Elektroden o.ä. und in den OP Abteilungen an Instrumenten, Nahtmaterial, OP-Abdecktücher, OP-Bekleidung, sterilen Handschuhen.
Die medizinisch-technischen Geräte sind, wenn überhaupt vorhanden, völlig veraltet.
Gebraucht werden:
Zur Diagnostik - EKGs, Geräte zur Sonographie, Doppler, Endoskope mit Lichtquelle, einfach Röntgengeräte, Laborgerätschaften, sogar Stethoskope und Reflexhämmer.
In den Funktionsabteilungen - OP-Lampen, OP-Tische, Narkosegeräte mit Zubehör, Beatmungsmaschinen, Dialysemaschinen, Überwachungsmonitore, Defibrillatoren u.v.m.

Medikamente: obwohl großer Mangel herrscht und auch arme Patienten alle Medikamente selbst kaufen müssen, ist aufgrund der strengen Zollbestimmungen ein Spendentransport fast unmöglich.

Das Team
von links:
Dr. Reiner Santelmann, Michael Rath Wolfgang Illgen, Reinhard Pilarski, Ralf-D. Dohmeyer